Stellvertretung:

Bei der Abgabe oder dem Empfang von Willenserklärungen kann sich der Vertragspartner durch einen Stellvertreter vertreten lassen. 

 

Grundsätzlich ist bei allen Rechtsgeschäften eine Stellvertretung zulässig. Ausgeschlossen ist die Stellvertretung lediglich bei höchstpersönlichen Geschäften, wie beispielsweise der Eheschließung (§ 1311 BGB). Auch für die Errichtung eines Testamentes (§ 2064 BGB) oder den Abschluss eines Erbvertrages (§ 2274 BGB) wäre die Stellvertretung ausgeschlossen.

 

Im Falle der Stellvertretung handelt der Vertreter im Namen des Vertretenen mit der Wirkung, dass die Rechtsfolgen seines Handelns unmittelbar in der Person des Vertretenen eintreten.

 

Voraussetzungen für eine wirksame Vertretung sind

 

  • Handeln im Namen des Vertretenen
  • Vollmacht des Vertreters

 

Voraussetzung ist zunächst, dass der Vertreter „im fremden Namen“, also im Namen des Vertretenen handelt. 

 

Die Willenserklärung muss also erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben wird. Der Wille, im fremden Namen zu handeln, kann sich dabei aus einer ausdrücklichen Erklärung oder den Umständen ergeben. Es genügt, dass die Person des Vertretenen bestimmbar ist. 

 

Bei unternehmensbezogenen Geschäften geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der Inhaber des Unternehmens Vertragspartner werden soll.

 

Der Architekt handelt bei der Beauftragung von Bauunternehmern, Handwerkern und Statikern in der Regel nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Bauherrn.

 

Weitere Voraussetzung für eine wirksame Stellvertretung ist, dass der Vertreter mit entsprechender Vertretungsmacht des Vertretenen handelt. In Betracht kommt hier zunächst eine gesetzliche Vertretungsmacht (Eltern für ihre Kinder, Geschäftsführer der GmbH für die GmbH) oder die Erteilung einer Vollmacht.

 

 

Beachte: Wird die Vollmacht überschritten, handelt der Vertreter wiederum ohne entsprechende Vollmacht.

 

 

Beispiel:

 

Ein Architekt wird bevollmächtigt, Aufträge im Namen des Bauherrn bis zu 5.000,00 € zu erteilen, beauftragt jedoch den Rohbauer im Namen des Bauherrn mit Zusatzarbeiten über 20.000,00 €. In diesem Falle hat der Architekt ohne Vollmacht gehandelt, so dass der Bauherr nicht an den Vertrag gebunden ist. Vielmehr haftet in diesem Falle ggfls. der Architekt selbst als Vertreter ohne Vollmacht.

 

 

Beweislast: 

Derjenige, der sich auf ein wirksames Vertretergeschäft berufen will, hat die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung zu beweisen. Wird also der Vertretene von dem Vertragspartner in Anspruch genommen, muss der Vertragspartner beweisen, dass der Vertreter im Namen des Vertretenen gehandelt hat und der Vertreter auch eine entsprechend wirksame Vollmacht besessen hat.

 

Sofern eine Bevollmächtigung des Vertreters nicht vorgelegen hat, kommt unter Umständen noch eine Zurechnung über eine sog. „Duldungsvollmacht“ oder „Anscheinsvollmacht“ in Betracht.

 

 

 

Duldungsvollmacht:

Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist. Ein solch wissentliches Dulden kann auch bei einem einmaligen Gewähren lassen eine Duldungsvollmacht begründen.

 

Des Weiteren ist erforderlich, dass dieser Rechtsschein der vermeintlichen Bevollmächtigung kausal dafür war, dass der Vertragspartner mit dem vollmachtlosen Vertreter einen Vertrag geschlossen hat.

 

Außerdem ist erforderlich, dass der Vertragspartner gutgläubig ist, also auf eine vermeintliche Bevollmächtigung des Vertreters vertraut hat. Wusste der Vertragspartner, dass der Vertreter nicht bevollmächtigt war, kommt auch eine Duldungsvollmacht nicht in Betracht.

 

 

 

Anscheinsvollmacht:

Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Vertragspartner annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Verhalten des Vertreters.

 

Das Verhalten des vollmachtlosen Vertreters, das den Rechtsschein einer Bevollmächtigung erzeugt, muss von einer gewissen Dauer und Häufigkeit sein. Darüber hinaus muss eine Verletzung von Sorgfaltspflichten dem Vertretenen zur Last fallen, d.h. er musste die Möglichkeit haben, dass vollmachtlose Handeln vorauszusehen und zu verhindern.

 

Des Weiteren ist erforderlich, dass dieser Rechtsschein der vermeintlichen Bevollmächtigung kausal dafür war, dass der Vertragspartner mit dem vollmachtlosen Vertreter einen Vertrag geschlossen hat. 

 

Außerdem ist erforderlich, dass der Vertragspartner gutgläubig ist, also auf eine vermeintliche Bevollmächtigung des Vertreters vertraut hat. Wusste der Vertragspartner, dass der Vertreter nicht bevollmächtigt war, kommt auch eine Anscheinsvollmacht nicht in Betracht.

 

 

 

Vertreter ohne Vertretungsmacht:

 

 

Hat der Vertreter ohne entsprechende Vollmacht im Namen des Vertretenen einen Vertrag geschlossen, so ist der Vertrag zunächst schwebend unwirksam und die Wirksamkeit des Vertrages hängt gemäß § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung des Vertretenen ab.

 

Verweigert der Vertretene die Genehmigung, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam.

 

Genehmigt der Vertretene den schwebenden Vertrag, wird dieser vollumfänglich wirksam und der Vertretene ist aus dem Vertrag entsprechend verpflichtet.

 

Hat der Vertretene die Genehmigung des schwebenden Vertrages verweigert und ist dieser damit unwirksam, haftet der Vertreter ohne Vollmacht gemäß § 179 Abs. 1 BGB dem Vertragspartner auf Erfüllung oder Schadensersatz.

 

Die Haftung auf Erfüllung bedeutet, dass der Vertragspartner den Vertreter vollumfänglich auf Erfüllung des Vertrages in Anspruch nehmen kann. Der Vertreter muss daher die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen selbst erfüllen.

 

Alternativ kann der Vertragspartner – nach seiner Wahl – statt Erfüllung auch Schadensersatz geltend machen. Der Schadensersatzanspruch umfasst dabei das Erfüllungsinteresse. Der Vertragspartner wird also wirtschaftlich so gestellt, wie er stehen würde, wenn der Vertrag mit wirksamer Vollmacht mit dem Vertretenen zustande gekommen und vollumfänglich erfüllt worden wäre.

 

 

Vertretung bei einseitigen Rechtsgeschäften:

 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft (beispielsweise eine Kündigung), welches ein Vertreter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der eine Vollmachtsurkunde nicht im Original vorlegt und der Vertragspartner die einseitige Erklärung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist (§ 174 Satz 1 BGB)

 

 

Beispiel:

 

Will der Vorgesetzte einer Abteilung als Stellvertreter des Firmeninhabers einen ihm untergebenen Mitarbeiter kündigen, muss er der Kündigung eine Originalvollmacht des Firmeninhabers beifügen. Erfolgt dies nicht, könnte der Arbeitnehmer die Kündigung zurückweisen. Würde die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen, wäre die Kündigung nicht wirksam abgegeben.

 

 

Durch diese Zurückweisung wird das Rechtsgeschäft endgültig unwirksam und kann auch nicht mehr nachträglich durch den Vertretenen genehmigt werden. Es müsste dann eine neue Willenserklärung abgegeben werden (diesmal mit Originalvollmacht).

 

Eine solche Zurückweisung muss allerdings „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (§ 174 Satz 1 BGB).

 

In der Regel ist von einer Frist von 1 bis 3 Tagen auszugehen. Mehr als eine Woche ab Kenntnis des Empfängers ist ohne Vorliegen besonderer Umstände in der Regel zu lang. 

 

Die Zurückweisung ist lediglich dann ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

 

Wurde beispielsweise der Vertreter in eine Stellung berufen, die üblicherweise mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet ist, soll das einer Mitteilung der Bevollmächtigung gleichstehen. 

 

 

Beispiel:           

 

Kündigung durch den Leiter der Personalabteilung