Zugang von Willenserklärungen:

Eine Willenserklärung ist dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Erklärungsempfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat und unter normalen Umständen auch mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

 

Voraussetzung:

 

  • Machtbereich des Erklärungsempfängers
  • Möglichkeit der Kenntnisnahme
  • mit der Kenntnisnahme ist unter normalen Voraussetzungen zu rechnen.

 

Zum Machbereich des Erklärungsempfängers gehören auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereitgehaltenen Einrichtungen:

 

 

Beispiele:

  • Briefkasten
  • Postfach
  • E-Mail-Postfach
  • Anrufbeantworter

 

Der Einwurf eines Briefes in einen Briefkasten stellt erst dann einen Zugang dar, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit eine generalisierte Betrachtung vorzunehmen. Bis 18.00 Uhr eingeworfene Briefe gehen daher noch am selben Tage zu. 

 

Der später, nach Schluss der Geschäftszeiten und insbesondere während der Nacht eingeworfene Brief, geht indes erst am nächsten Morgen bzw. mit Wiederbeginn der Geschäftsstunden zu.

 

Kann ein Einschreibebrief mit Rückschein wegen Abwesenheit des Empfängers nicht zugestellt werden, ist er auch dann nicht zugegangen, wenn der Postbote einen Benachrichtigungszettel hinterlässt.

 

Demgegenüber geht ein Einwurfeinschreiben – wie ein normaler Brief – mit dem Einwurf in den Briefkasten zu den üblichen Geschäftszeiten zu.

 

Beim Telefax setzt der Zugang einen Ausdruck beim Empfänger voraus. Der Zugang ist vollendet, sobald mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Bei privaten Anschlüssen erfolgt dies am Tage mit dem jeweiligen Ausdruck; bei geschäftlichen Erklärungen erfolgt dies während der Geschäftszeit mit Eingang (sonst erst mit dem nächsten Beginn der Geschäftszeiten).

 

 

Beweislast: 

 

Derjenige, der sich auf den Zugang einer Willenserklärung beruft, hat den Zugang zu beweisen.

 

Kommt es auf die Rechtzeitigkeit des Zuganges an, muss er auch den Zeitpunkt des Zuganges beweisen.

 

Bei Postsendungen besteht kein Anscheinsbeweis dafür, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht hat.

 

Auch für den Zugang eines Faxes gibt es keinen Anscheinsbeweis. Der „Okay-Vermerk“ auf dem Sendebericht ist lediglich ein Indiz, aber kein abschließender Beweis.

 

Für den Zugang einer E-Mail kann dagegen möglicherweise eine Eingangs- und Lesebestätigung einen Anscheinsbeweis für einen Zugang begründen.

 

Bei einem Standard-Einschreiben wird von der Rechtsprechung ebenfalls noch kein Anscheinsbeweis über einen Zugang angenommen.

 

Wird demgegenüber ein Brief mit Einschreiben und Rückschein verschickt, begründet dies die vom Empfänger zu widerlegende Vermutung, dass das Einschreiben mit Rückschein an dem im Rückschein genannten Datum tatsächlich zugestellt worden ist.

 

Welchen Inhalt der zugegangene Brief hatte, muss allerdings der Erklärende beweisen.

 

Zugang über Mittelspersonen:

Empfangsvertreter:

 

Empfangsvertreter ist derjenige, der in fremdem Namen mit Vertretungsmacht die Willenserklärung entgegennimmt. Die Erklärung ist dem Vertretenden bereits mit dem Zugang beim Empfangsvertreter zugegangen.

 

Empfangsbote:

 

Empfangsbote ist derjenige, der vom Empfänger zur Entgegennahme von Willenserklärungen bestellt ist oder nach der Verkehrsanschauung als ermächtigt gilt, Willenserklärungen entgegenzunehmen.

 

 

Beispiel:

  • Ehegatte 
  • nahe Angehörige
  • Betriebsangehörige abhängig von ihrer Stellung

 

Die Erklärung ist in diesem Falle erst in dem Zeitpunkt zugegangen, zu dem regelmäßig die Weitergabe an den Empfänger zu erwarten ist.

 

Erklärungsbote:

 

Ist die eingeschaltete Person weder Empfangsvertreter, noch Empfangsbote, so ist sie „Erklärungsbote“. Die Erklärung geht dann erst mit der tatsächlichen Übermittlung an den Empfänger selbst zu.

Zugangsverweigerung:

Bei einer Zugangsverweigerung verweigert der Empfänger, sein Empfangsvertreter oder sein Empfangsbote die Annahme der schriftlichen oder das Anhören der mündlichen Erklärung.

 

Bei einer berechtigten Zugangsverweigerung, gilt die Willenserklärung als nicht zugegangen.

 

 

Beispiel für berechtigte Zugangsverweigerung:

  •  Unzureichend frankierter Brief
  • Erklärung enthält Beleidigungen und Empfänger hält sich die Ohren zu

 

Bei einer unberechtigten Zugangsverweigerung gilt die Willenserklärung als zugegangen.